«Wehren Sie sich gegen diese  Verhöhnung des Parlaments!»

«KirchGemeindePlus»: Ein Augenschein  im vermeintlichen Vorzeigebezirk Hinwil

Warb um Vertrauen, erntete aber Buh-Rufe: Projektteam für KG+ im Bezirk Hinwil
Warb um Vertrauen, erntete aber Buh-Rufe: Projektteam für KG+ im Bezirk Hinwil

Donnerstag, 26. Mai 2016, 19.00 Uhr, Zentrum Windegg in Wald: Die Projektorganisation für die Strukturreform «KirchGemeindePlus» hat zur Bezirkskonferenz geladen, und der Saal ist gerammelt voll: ehemalige und aktive Kirchenpflegende, Synodale, Kirchenangestellte, engagierte Gemeindemitglieder. Aber die Stimmung ist nicht gut. Nach über einstündiger, langfädiger Einführung über die Vorgeschichte, über Rechtsgrundlagen in der Zürcher Landeskirche, über die bürokratisch strukturierte Projektorgansiation sind die Folien zu den beiden möglichen Gemeindemodellen, die in der Luft schweben, gerade mal ein paar Sekunden auf dem Bildschirm zu sehen. Das eine Modell will bei rechtlich selbstständigen Kirchgemeinden bleiben, die aber in einem «Kirchgemeindebund» zusammenarbeiten, das andere strebt die Grossfusion aller Kirchgemeinden im Bezirk an. Das Projektteam favorisiert klar die Grossfusion, denn dieses Modell wurde vom Projektleiter selber entwickelt.

 

Ein Teilnehmer fragt: «Werden die Kirchenmitglieder an den kommenden Kirchgemeindeversammlungen sich für das eine oder das andere der beiden Modelle aussprechen können?»  Das sei nicht vorgesehen, meint der Projektleiter zum Entsetzen vieler im Saal. Die Modelle seien «sehr kompliziert, damit wäre das einfache Kirchenmitglied überfordert». Entscheiden würden die delegierten Kirchenpflegemitglieder. Im Saal werden Buh-Rufe laut. Ein Synodaler aus Rüti protestiert lautstark gegen diese undemokratische Äusserung. Der in die Projektorganisation ebenfalls eingebundene Präsident der Bezirkskirchenpflege versucht zu beschwichtigen: Die Steuerungsgruppe nehme das entgegen, das müsse alles rechtlich abgeklärt werden. Ein Teilnehmer verlangt vergeblich eine Konsultativabstimmung im Saal.

 

In der Diskussion werden noch viele weitere kritische Voten abgegeben. Nicht von ewiggestrigen Querulanten, sondern von engagierten Kirchenmitgliedern, von aktiven und ehemaligen Amtsträgern. Kritisiert wird hauptsächlich das hohe Tempo, das die ehrgeizige Projektorganisation anschlägt, ungeachtet der parlamentarischen Beratung in der Synode, die im letzten Herbst einen ersten Bericht des Kirchenrats zurückgewiesen hat.

 

Auch die anwesenden Synodalen melden sich zu Wort: Ein Parlamentarier weist warnend darauf hin, dass die gleichentags vorgstellte neue Vorlage des Kirchenrats an die Synode klar nur noch von Fusionen und nicht von Kooperationsmodellen spricht. Das Kirchgemeindebund-Modell, das viele Gemeinden im Bezirk favorisieren, sei nach der neuen Vorlage des Kirchenrats gar nicht mehr möglich, höchstens als «Übergangslösung» bis 2023. Das sei die Realität, und nur eine erneute Rückweisung durch die Synode könne dies verhindern, meint ein anderer Votant.

 

Nach Schluss der Verhandlungen sucht der frühere Dekan des Bezirks das Gespräch mit mir. Er hoffe, dass ich mich in der Synode im Sinne des heute Gehörten einsetze. Was hier ablaufe, sei eine klare Verhöhnung der Synode: «Bitte wehren Sie sich dagegen!»

 

Thomas Illi, Mitglied der Synode, 26.5.2016

 

 

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