Als der Kirchenrat 2012 überraschend das später als "KircheGemeindePlus" bezeichnete Strukturreformprojekt lancierte, war mein erster Gedanke: Fusionen von Kirchgemeinden im grossen Stil? Das wird im Zürcher Oberland niemals funktionieren. Zu lebendig, zu selbstbewusst, zu identitätsstiftend und nicht zuletzt zu unterschiedlich theologisch profiliert sind die Kirchgemeinden in den Bezirken Uster, Pfäffikon und Hinwil.
In meiner Kirchgemeinde, die ich damals als Kirchenpflegepräsident leiten durfte, wurden spontan Unterschriften gegen das zu diesem Zeitpunkt noch diffuse Fusionsvorhaben gesammelt. Über 1000 Bubikerinnen und Wolfhauser taten mit einer Petition kund, dass sie die Pläne aus dem fernen Zürich rundweg ablehnen würden. Eigentlich könnte man seither wissen, wie das Oberland zu "KirchGemeindePlus" wirklich tickt.
Stattdessen aber traten Organisationsprofis auf den Plan. Es wurden Projektverantwortliche ernannt, es wurden Planungsgremien gebildet, und es fanden unzählige scheindemokratische Konferenzen statt, an denen mit erwachsenenbildnerischen Methoden den kritischen Teilnehmenden weisgemacht wurde, dass sie zwar noch Detailfragen hätten, dass aber grundsätzlich auch sie schon mit der allgemeinen Marschrichtung einverstanden seien. Warnende Stimmen bleiben ungehört oder wurden subtil zum Schweigen gebracht.
Plötzlich schien es, als ob der Bezirk Hinwil "Musterknabe" in einem solchen Projekt werden wolle: Nicht weniger als den Zusammenschluss sämtlicher elf Kirchgemeinden zu einer einzigen "Bezirksgemeinde" war bei den Kircheneliten plötzlich das erklärte und aufwändig mit eigener Website propagierte Ziel. Man wollte Fakten schaffen, die der Kirchenrat in Zürich würde anerkennen müssen, man wollte Vorreiter sein und den Kirchenrat und die Synode – sie entscheidet schliesslich über neue Strukturen in der Zürcher Kirchenlandschaft – im Reformtempo sogar noch überholen.
Eine erste grosse Ernüchterung folgte dann im Frühling 2016: Eine als weitere Vorwärts-Veranstaltung geplante Konferenz in Wald geriet für die Verantwortlichen zum Desaster. Die Kirchenbasis machte ihrem Unmut lautstark Luft, und allen, die dabei waren, war sofort klar: Die ehrgeizige Bezirkslösung ist Makulatur. Nicht überraschend stellten die führenden Projektverantwortlichen wenig später ihre Posten zur Verfügung.
Dann legte der Kirchenrat im Sommer seine konkreten Pläne vor, wie er die Zürcher Kirchenlandschaft in Zukunft sieht. Und er entschloss sich – endlich – die Kirchenbasis zu befragen, zwar nicht in einer Volksabstimmung, aber immerhin im Rahmen einer Vernehmlassung. Und jetzt werden erste Ergebnisse aus Vernehmlassungsanlässen in den Schlüsselgemeinden sichtbar. Fazit: Das Kirchenvolk bockt.
Hinwil, die Kirchgemeinde des Bezirkshauptorts, will überhaupt nicht fusionieren. Schon gar nicht mit Wetzikon, wie das der Kirchenrat vorschlägt. Wetzikon seinerseits sieht allenfalls ein Zusammengehen rund um den Pfäffikersee, will also quasi ausserhalb des Bezirks "fremdgehen". Der Bezirk Hinwil ist von einer Vorreiterrolle, von einer kirchlichen Einheit, weiter entfernt denn je. Er droht kirchenlandschaftlich gesehen sogar zu zerfallen.
Thomas Illi, Mitglied der kantonalen Kirchensynode