Vor zwei Jahren Jahren wurde ich in die Zürcher Kirchensynode gewählt. Halbzeit in der vier Jahre dauernden Amtsperiode! Und somit Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.
Zunächst: Die Zürcher Synode ist zweifellos ein sehr professionelles Parlament. Da wird nicht einfach drauflos gequatscht, dafür sorgt schon die reglementarische Pflicht, Hochdeutsch zu sprechen. Die meisten Voten sind vorbereitet und werden, mehr oder weniger frei, ab schriftlichem «Spick» vorgetragen.
Seriöse Vorbereitungsarbeit wird auch in den vier Fraktionen geleistet. Lange nicht jede Vorstossidee findet im Fraktionskollegium Anklang, und das ist gut so: Die Fraktion ist ein erstes Testpublikum zur Abschätzung der Chancen und der Gegenargumente, die im Ratsplenum zu erwarten sind. So war es auch bei meiner ersten Motion, mit der ich die Abschaffung des Urnenobligatoriums bei den Pfarrbestätigungswahlen anregte. Der Vorstoss war mitgetragen von einem Grossteil meiner Fraktion und wurde trotz eines Gegenantrags im Ratsplenum klar überwiesen.
Wie in weltlichen Parlamenten findet ein wichtiger Teil der Diskussionen und Debatten nicht erst im Plenum, sondern in den vorberatenden Kommissionen statt. In den beiden Kommissionen, in denen ich bisher mitwirken durfte, habe ich den Dialog, vor allem auch mit den jeweiligen Vertretungen des Kirchenrats, als überaus konstruktiv erlebt. Hier muss nicht «für die Galerie» gesprochen werden, hier geht es sachbezogen um Kompromisse und tragfähige Lösungen.
Was mich angenehm überrascht hat: Während der Debatten ist es im Ratssaal erstaunlich ruhig. Man hört dem oder der jeweils Sprechenden zu und raschelt nicht demonstrativ gelangweilt in Zeitungen. Höchstens checkt man mal am Handy die eingegangen Mails, denn draussen geht das Berufsleben ja weiter, während die Synode tagt. Wenn leise geflüstert wird, dann zur Frage, ob auf das gerade gehörte Votum zu reagieren ist, und wenn ja, von wem.
Was mich eher unangenehm überrascht hat: Der Umgangston im Saal ist manchmal emotional, zuweilen sogar rau, vor allem zwischen Vertretern des Kirchenrats und der Synode. Man soll aus seinem Herzen keine Mördergrube machen, das gilt sicherlich auch für engagierte Kirchenleute. Vergessen wird dabei aber, dass oft auch Leute auf der Zuschauertribüne sitzen, und dass ja immer auch die Medien im Ratssaal präsent sind.
Nichts gegen fulminate Rhetorik und hochstehende Debattierkunst. Aber wenn auf den Mann oder die Frau gespiet wird, kommt das meines Erachtens bei Betrachtern von aussen schlecht an. Auch wenn gepflegtes Hochdeutsch gesprochen wird.
Thomas Illi, Mitglied der Zürcher Kirchensynode