Es ist nicht nur der aktuelle Bubiker Fall. Das Phänomen ist auch kein neues: hohe Personal-fluktuation in Behörden und Verwaltung – bis die Situation eskaliert und Opfer fordert. Menschenopfer – in einer Zeit, die sich als aufgeklärt versteht. Die Schuldigen sind schnell eruiert und oft mit spitzer Feder denunziert. Ebenso schnell zur Hand sind wiederkehrend vermeintlich erklärende Floskeln: «sehr schlecht kommuniziert», «schwach geführt».
Die langjährige Erfahrung als (Krisen)-Kommunikatorin legt den Schluss nahe, dass die Kommunikation immer abhängig vom Management ist: Auch die beste Kommunikation kann Fehler und Unzulänglichkeiten nicht ausmerzen: wenn ein Arzt bei einer Operation pfuscht, ein Autokonzern Abgaswerte systematisch beschönigt oder der Klerus Geistliche, die den Abstand zu den Schützlingen nicht wahren, auf dem Posten hält. Eine geschickte Kommunikation kann allenfalls Verständnis dafür wecken, dass überall Menschen mit ihren Stärken und eben Schwächen am Werk sind. Sie kann aufzeigen, wie es zu den Fehlern hat kommen können, das (echte) Bedauern ausdrücken und darlegen, was unternommen wird, damit derselbe Fehler nicht noch einmal passiert. So kann Schaden eingegrenzt und das Vertrauen wiederhergestellt werden. Im besten Fall geht eine Organisation mit einem Erkenntnis- und/oder Reputationsgewinn aus der Krise heraus. Kommunikation ist weder Allheilmittel noch Sündenbock.
Führungsschwäche wird bei Frauen oft schneller diagnostiziert als bei Männern. Interessanterweise wird bei der Führung meist die Erfahrung und nicht etwa das Können in Frage gestellt. So auch bei der ins Schussfeld der Kritik geratenen Bubiker Gemeindepräsidentin: Dass sie in der Privatwirtschaft noch nie einen Führungsjob inne gehabt hätte, wird ihr vorgeworfen. Doch echter Leadership lebt von Eigenschaften wie Persönlichkeit, Charisma und Empathie sowie von Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen, Überzeugungskraft und Rhetorik. Dafür braucht es weder eine militärische Karriere noch jahrelange Führungserfahrung, sondern den Mut, hinzustehen, Aufgaben zu übernehmen und Verantwortung zu tragen, wenn etwas nicht wunschgemäss gelingt.
«Nothing lasts forever» (Nichts dauert ewig) heisst der Roman, der die Grundlage zu den Actionfilmen gelegt hat, der diesen Zeilen den Titel gibt: «Die Hard» (Stirb langsam). Rücktritte und Kündigungen aus Behörden und Verwaltungen, die an Menschenopfer mahnen, häufen sich just in der Zeit, in der wieder Menschen gesucht werden, die sich für Ämter zur Verfügung stellen. Dass nichts ewig dauert und eine Aufgabe ein abruptes Ende nehmen kann, ist ein Trost, wenn auch ein schwacher.
Anstatt dass Kommunikation oder Führung mantramässig aufgeführt werden, sollten andere Fähigkeiten geprüft werden: Ist eine Kandidatin für ein Amt oder eine Führungsposition in der Lage, genau hinzuschauen und auf leise Anzeichen zu achten? Ist ein Kandidat ein «Hans-Dampf-in allen-Gassen», mit «Hinz und Kunz» per Du, «Frère et cochon» mit den wichtigsten Medienvertretern oder ein Mensch, der in einer (kommenden) Position auch unangenehme Dinge beim Namen nennt, die Einsamkeit des Chefs aushält? Ist der Kandidat ein Fels in der Brandung, der aus sich selber hinaus akzeptiert, dass Freundschaften, so hart es tönt, in der Regel nicht ins Chefbüro gehören?
Im Film «Die Hard» fallen die Gangster einer nach dem andern. Das langsame Sterben in den Chefbüros kann gestoppt werden, wenn das Verständnis darüber wächst, dass überall (nur) Menschen am Werk sind, wenn Verantwortliche Raum und Mittel erhalten, aus der Einsamkeit zu entfliehen. Wenn sie ausserhalb ihrer Organisationen in der Form von Supervisionen und Coachings ihre Aufgaben und Herausforderungen reflektieren und so der Einsamkeit, dem langsamen Sterben in den Chefbüros, entkommen.
Gastbeitrag von Dorothe Kienast, dok-kommunikation, PR-Beraterin und Coach